Was mich nicht umbringt, macht mich stärker... aber wo sind meine Grenzen?

Veröffentlicht am 26. September 2025 um 10:21

Bei Gegenwind sind wir herausgefordert, uns in dem, woran wir festhalten wollen, fest zu verwurzeln. Dadurch entwickeln wir möglicherweise sogar neue Ressourcen. Aber wann ist es zuviel?

Zwei Bäume werden gepflanzt. Einer in einer windstillen, ruhigen Umgebung. Einer in einem Umfeld, das von Stürmen und wechselnden Witterungen geprägt ist. Der erste Baum gedeiht ohne Anstrengung, findet Wasser und Nährstoffe in unmittelbarer Nähe seiner oberflächlich wachsenden Wurzeln und streckt seine ausladenden Äste weit der Sonne entgegen. Energie für tiefe Verwurzelung findet er wenig relevant, es ist ja gar nicht nötig, meint er. "Was ist das für ein prächtiger, starker Baum", hört er die Leute über sich sagen. Der zweite Baum hingegen muss lernen, über sich hinauszuwachsen. Das tut er, indem er seine Wurzeln ausstreckt, auf der Suche nach Wasser, nach Nährstoffen und nach festem Halt geht er in die Tiefe. Gräbt sich tief ein, sucht Verankerung mit seinen vielen Wurzelsträngen, die sich weit verzweigen und die ständig neu nachwachsen. Ja, sein Blattwerk ist nicht so prächtig wie das des ersten Baumes, das macht ihn manchmal traurig. Als eines Tages ein starker Sturm übers Land zieht, wird der erste Baum an seiner prächtigen Baumkrone gepackt und mit Leichtigkeit aus dem Boden gehoben, da seine flachen Wurzeln wenig Widerstand leisten können. Er bleibt entwurzelt liegen. Der andere Baum, dessen Baumkrone weniger prächtig wachsen konnte, weil er seine Energie in seine Wurzeln stecken musste, erlebt den Sturm als Herausforderung - aber keine, die ihn zerstört. Seine Wurzeln finden Halt in der Tiefe, sind weit verzweigt, sodass er diesen Sturm gut überstehen kann. Auch ihn biegt der starke Wind hin und her, auch ihn schüttelt es wild durch. Aber er wird nicht entwurzelt und kann auch diese Herausforderung bewältigen.

Im übertragenen Sinn ist es ähnlich: Im Leben begegnen uns Situationen, wir herausgefordert werden. Das können fehlende fachliche Kompetenzen sein, finanzielle Umstände oder persönliche Gegebenheiten, die eine Umsetzung unserer Wünsche scheinbar unmöglich machen. Das kann aber auch eine ganz konkrete Lebenssituation sein, aus der ich mich momentan nicht befreien kann. Hier ist zu überlegen: welche Ressourcen habe ich, die ich verstärken kann? Was hat mir bisher in ähnlichen Situationen schon geholfen? Wer kann mich unterstützen, motivieren oder mich das fachlich Notwendige lehren? Wie kann ich mir das geben, was ich brauche, um das zu werden, wofür ich in der Welt da sein möchte? Es sind diese Zeiten des Gegenwindes, der Hindernisse und Schwierigkeiten, die uns ermutigen, in die Tiefe zu investieren. Die uns erkennen lassen, wie wir uns fest in dem verwurzeln können, das uns wirklich Halt gibt. Halt, der nicht unbedingt nach außen glänzt, aber in Krisen verlässlich stützt. 

Und der uns lehrt, die Grenzen zu erkennen: Ein Samen, der auf einen Fels gesät ist, wird nicht aufgehen können. Aber möglicherweise ist gleich in der Nähe fruchtbarer Boden...und der Wind trägt ihn dorthin. 

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